Hiwinger Kliepänz

Theater mit Tradition – Die im Jahr 1927 gegründeten „Hiwinger Kliepänz"

„Das Volkstheater im Westerwald hat wieder einen Namen“

 

Die 1997 gegründeten „Hiwinger Kliepänz“ pflegen eine 80-jährige Theatertradition im Buchfinkenland
(Wilfried Noll)

 

 

„Das Volkstheater im Westerwald hat wieder einen Namen“, schrieb die Westerwälder Zeitung am 1. Dezember 1998 über den bravourösen ersten Auftritt der „Hiwinger Kliepänz“ in der Hübinger Buchfinkenlandhalle. Nur ein Jahr zuvor hatten eine Hand voll junger und theatertalentierter Frauen und Männer den Hübinger Theaterverein gegründet und damit an eine jahrzehntelange Tradition des Theaterspielens in der Buchfinkenlandgemeinde Hübingen angeknüpft. In diesem Jahr feiern die „Hiwinger Kliepänz“ ihr 10-jähriges „Bühnenjubiläum“. Zu einem bunten Bilderbogen mit oft schon vergessenen Geschichten und Anekdoten rund ums Theaterspielen trafen sich am 29. April 2007 aktive und ehemalige Theaterspieler und Vereinsmitglieder im Hübinger Gasthaus Panorama. „Theater früher – Theater heute - Wie war es damals?“ Mit diesen Worten begrüßte Edelgard Pehl, seit drei Jahren Vorsitzende des Theatervereins „Hiwinger Kliepänz“, die Theaterfreunde zum gemütlichen Nachmittag, der viele Erinnerungen an die alten Theaterzeiten hervorbrachte. Der Veranstaltungsort für einen Rückblick auf die Hübinger Theatergeschichte und „10 Jahre Hiwinger Kliepänz“ war bewusst gewählt. Es muss so um 1927/1928 gewesen sein, erinnerten sich Emil Noll, Jahrgang 1920 und Alfred Krumm, Jahrgang 1921, als sich erstmals im früheren Hübinger Gasthaus Trum, dem heutigen Gasthaus Panorama, der Vorhang öffnete und das erste Stück auf der dortigen Bühne gespielt wurde. Heute spielt der Hübinger Theaterverein „Hiwinger Kliepänz“ immer am ersten Adventwochenende im großen Saal der Buchfinkenlandhalle. Die 1997 von Edith Schulte und Jörg Harle wieder ins Leben gerufene Theatertradition ist immer wieder ein Höhepunkt im kulturellen Leben des Buchfinkenlandes. Drei gut gefüllte Vorstellungen mit rund 700 Gästen aus einem weiten Umkreis füllen in jedem Jahr das „Theaterhaus in der Buchfinkenlandhalle“.

 

Die Hübinger Theaterspieler im Jahre 1959 von links: Paul Schulte, Josef Pehl, Alfons Eberth, Margarete Trumm, Heinz Günter Knopp, Aloisia Eberth, Ewald Noll, vorne/von links: Günter Kaspar, Hubert Noll und Alfons Noll

Alfred Krumm war sich an diesem Nachmittag fast sicher: „Die Räuber“, das Drama von Friedrich Schiller“, war eines der ersten Stücke, die in den Zwanzigern auf der Hübinger Theaterbühne aufgeführt wurden“, meinte der Senior, der sich noch gut an die Anfänge der Theaterspielerei in Hübingen erinnern konnte. Jahr für Jahr fiel der Vorhang am Neujahrstag für die Hübinger Laienschauspieler und die rund 120 Gäste auf den lackierten Holzbänken im kleinen Saal des Gasthauses Trum. Es war der 1919 gegründete Männergesangverein „Frohsinn“ Hübingen, der sich neben der Singerei dem Theaterspiel widmete und damit den Grundstein für eine rund 80-jährige Theatergeschichte in Hübingen legte. Nach dem Krieg setzten die Hübinger die Tradition fort und machten das Theaterspielen wieder zum wichtigsten Ereignis im Jahresverlauf. „Die Bühne im Saal des Gasthauses war so klein, dass die Spieler neben dem Auswendiglernen des Textes auch jeden Schritt auf der Bühne üben mussten“, wussten die beiden Senioren und früheren Theaterspieler Emil Noll und Alfred Krumm, zu berichten. Erinnerungen wurden wach an gelungene Aufführungen wie „Der Wilddieb“ oder „Tante Jutta aus Kalkutta“, einem „Lachschlager erster Ordnung“, bei der Walter Noll die Rolle der Ehefrau des Hauptdarstellers spielte. „Und das im Morgenmantel und den Schuhen von Therese Walet“, schmunzelte die damalige „Bühnenehefrau“ Walter. Helmut Daubach erinnerte sich noch gut an den Darsteller Egidius Eberth, der nur wenige Minuten vor seinem Auftritt auf dem elterlichen Speicher nach seinen Requisiten, einem Hut und einem Spiegel suchte. Verspätet auf der Bühne angekommen, habe er dann unter dem Beifall der Zuschauer außerhalb seines eingeübten Textes so ganz einfach mit dem Satz „Pünktlich wie immer!“ seinen Auftritt begonnen. Die Anfangsjahre der Theaterspielerei in Hübingen waren von Josef Pehl, Jahrgang 1893 geprägt. Unter strengem Regiment und oft erhobenem Zeigefinger, ersatzweise auch mit Bleistift, war Josef Pehl als Regisseur und Souffleur tätig. „Hier brannte nichts an“, wusste man sich zu erinnern. In späteren Jahren übernahmen die aktiven Sänger Ludwig Noll und Alfred Krumm diese Aufgabe, ehe Paul Schulte die „Theaterleitung“ in seine Hände nahm und die Proben betreute. „Ein beheizter Probenraum fehlte damals gänzlich“, gab Otto Noll zum Besten. „Wir mussten zur Theaterprobe entweder ein Stück Holz oder ein Brikett von zuhause mitbringen, damit der Saal im Gasthaus aufgeheizt werden konnte. Dabei wurde so manches Holz einfach auf dem Weg zur Probe vom Stapel des Nachbarn genommen“, fügte Otto Noll, der nach dem 2. Weltkrieg zur Theaterbesetzung zählte, verschmitzt hinzu. 1947 leitete der damalige Hübinger Lehrer Max Schneckenbühl die Bühnendarsteller, die Mitte der Fünfziger Jahre sogar Gastspiele in den Nachbargemeinden Winden und Stahlhofen aufführten. Als einen besonderen Höhepunkt bezeichnete Walter Noll, heute in Daubach wohnend, den Auftritt der Hübinger Theaterspieler in Baumbach. Walter Noll war über lange Jahre auf der Hübinger Bühne dabei, wie die vielen alten zusammengetragenen Fotos im Gasthaus Panorama zeigten. Für Irma Loring brachte das Theaterspielen die Entscheidung fürs Leben. Ihren Mann Erwin, auch aus Hübingen und später einmal Hübinger Ortsbürgermeister, lernte sie beim Theaterspielen so gut kennen, dass beide später ein richtiges Paar wurden. Und Rosel Kröner fügte hinzu: „Das Theaterspielen führte auch schon mal zu der einen oder anderen mehr oder auch weniger ernsten Eifersüchtelei unter den jungen Spielerinnen und Spielern“.


 

Auch die Kussszenen waren gekonnt und forderten von den Akteuren größte Hingabe. Hedwig Weis und Otto Noll 1958 beim Luststück "Tante Jutta aus Kalkutta".

Noch lange nach dem Krieg spielte man vor den handgemalten Bühnenbildern eines Kirchenmalers, der 1928 einen Auftrag in der Gackenbacher Pfarrkirche ausführte und den Hübingern Theaterspielern die Bühnenbilder spendierte. Die Großherzigkeit des Malers musste wohl etwas mit der Liebe zu tun gehabt haben, meinte ein Alterfahrener an diesem Nachmittag, ohne genaueres sagen zu wollen. „Unsere Stücke waren oft sehr ernste Stücke“, so Alfons Eberth, der starke Erinnerungen an seinen gewaltsamen „Bühnentod“ hatte. Eine „Bühnenliebschaft“ mit Margarethe Wilhelm, die von 1997 bis 2004 die „Hiwinger Kliepänz“ als 1. Vorsitzende leitete, brachte ihm im Stück „Der Wilddieb“ um 1960 den Todesschuss. Über Kimme und Korn schauend hatte diesen Hubert Noll auf ihn abgefeuert. Alfons Ebert: „Die Stücke waren so ernst, dass die Zuschauer Jahr für Jahr heulten was das Zeug hielt“. Vielleicht war das der Grund, warum man in Hübingen nach einem ernsten Stück immer am gleichen Abend einen lustigen Einakter drauflegte und das Publikum wieder so richtig zum Lachen brachte. „Die Zeit war einfach anders“, betonten Elisabeth Pehl und Hildegard Noll, die ebenfalls vor einigen Jahrzehnten in die eine oder andere kleine Rolle schlüpften und sich immer wieder auf die Musik und die Tanzveranstaltung nach den Theatervorführungen im Saale Trum freuten. Kinder zahlten damals 20 Pfennig Eintritt und durften am Nachmittag bei der Generalprobe zuschauen. Für Erwachsene waren 50 Pfennig Eintritt fällig. Da der Saal im Gasthaus Trum klein und eng war, mussten die Hübinger Theaterspieler über Jahrzehnte das Fenster und eine gut vier Meter lange Leiter am hinteren Giebel des Gasthauses nutzen, um auf die Bühne zu gelangen. Für so manchen kostümierten Spieler ein beschwerlicher Auf- bzw. Abstieg von und zur Bühne. 1962 trat die „alte Theatergarde“ letztmalig im Saal des Gasthauses Trum in der Ortsmitte auf, ehe es für gut drei Jahrzehnte ums Hübinger Theaterspielen stiller wurde. Allerdings flackerte das „Hübinger Theaterblut“ auch in den Siebzigern und Achtzigern immer wieder bei den Weihnachtsfeiern der Freiwilligen Feuerwehr auf. Lustige Einakter ließen das Theater in diesen Jahren in Hübingen weiterleben und gaben den Anstoß, wieder mehr daraus zu machen. Edith Schulte und Jörg Harle waren die Initiatoren, die Mitte der Neunziger das Thema in der Buchfinkenlandgemeinde wieder aufgriffen und für Mitstreiter kämpften. Mit Erfolg, wie man sieht. Der 1997 gegründete Theaterverein „Hiwinger Kliepänz“ hat heute 13 Aktive, darunter Spieler und „Bühnenpersonal“. Rund 65 Freunde und Gönner zählt der Verein, der sich immer wieder auch gemeinnützigen Aufgaben in der Ortsgemeinde widmet, als weitere Mitglieder. All zu gerne erinnert man sich an die ersten Aufführung des Theaternachwuchses im Jahre 1998. „Die Geschichte vom verlorenen Stinkerkäs“, eine endlos witzige Geschichte, brachte das „Theaterhaus in der Buchfinkenlandhalle“ fast zum Bersten. Das lange Proben, die Aufregungen im Vorfeld und vor allem das Lampenfieber bei allen Darstellern waren an diesem Abend schnell verflogen. Beifall und nochmals Beifall gab´s für die damaligen Schauspieler Horst Eberth, Edith Schulte, Petra Quirmbach, Jörg Harle und Volker Mies, die fast alle auch noch im Jubiläumsjahr die 80-jährige Theatertradition in Hübingen und im Buchfinkenland zur Freude eines in den letzten 10 Jahren stetig gewachsenen Publikums pflegen. Eckhard Krumm übernahm bei der ersten Aufführung die Regierolle, unterstützt von Siegfried Hoffmann. Ohne Unterbrechung souffliert Edelgard Pehl, die heutige Vorsitzende der „Hiwinger Kliepänz“, die Truppe seit 1998. Dass sie dabei immer ganze vorne an der Bühne sitzt, versteht sich nicht für jeden von selbst. „Hören oder sehen Sie schlecht?“, so wurde Edelgard Pehl schon einmal von einem Zuschauer angesprochen, der sich über ihre „besonders gute Sitzgelegenheit“ direkt an der Bühne wunderte. Nur selten musste Edelgard Pehl in all den Jahren eingreifen und bei plötzlichem „Textversagen“ weiterhelfen. Meistens kam ihr das Theatertalent Horst Eberth, der immer wieder allzu gern in die Theaterrolle des Ortsbürgermeisters steigt, mit eigenen Wortschöpfungen und „selbst gestrickten Zwischenhandlungen“ zuvor. Eine Gabe, mit denen er jede Situation meist ohne dass es die Zuschauer bemerken, wieder in den Griff bekommt. Das ist Talent! Auf jeden Fall bringen die „Kliepänz“ das Haus, das immer wieder dreimal ausverkauft ist, so richtig zum Lachen. Stücke wie die „Gedächtnislücke“, „Bomels verrückte Heimkehr“, „Himmel und Hölle“ oder das Luststück „Mit Küchenbenutzung“ sorgten in den letzten Jahren für allerhand Klamauk und Gags im Hübinger Dorftheater, dem man durchaus „Ohnesorgqualität“ bescheinigen kann. Die Spieler der „ersten Stunde“ stehen auch nach zehn Jahren fast noch geschlossen auf der Bühne. Das eine oder andere Nachwuchstalent ist hinzugekommen und zählt zur festen Besetzung. Andere nutzten die Bühne auch zum Gastspiel. Neben den schon Genannten Bühnendarstellern sorgten Christa Graf, Chantal Schirra, Walter Schirra, Nicole Daubach, Nadine Bauer, Udo Kiesel, Patrick Weidenfeller und Annette Dorn in den letzten Jahren nach dem Öffnen des Vorhangs für allerhand Verwirrung. Das die „Kliepänz“ immer richtig gut aussehen, dafür ist seit zehn Jahren Anne Richter hinter den Kulissen mit Schminke und Farbe mit Leib und Seele dabei. Bei ihr gibt´s für die Aktiven auf der Bühne zwischendurch auch das eine oder andere Schnäpschen gegen das bekannte Lampenfieber. 2007 steht wieder ein „Neuer“ auf der Hübinger Theaterbühne. Gerold Kesselheim will dann sein Debüt in der Laienspielschar geben und die Truppe unterstützen. Für die Ortsgemeinde Hübingen ist der Theaterverein ein Kulturträger von besonderem Wert. Die Veranstaltung im Gasthaus Panorama und der für alle Teilnehmer sehr amüsante und erinnerungsreiche Rückblick auf vergangene Theaterzeiten bietet uns allen die Möglichkeit, Dorf- und Theatergeschichte für spätere Generationen festzuhalten, so der Bürgermeister der Buchfinkenlandgemeinde, Wilfried Noll. Dem Theaterverein „Hiwinger Kliepänz“ galt ein großes Dankeschön für den gelungenen Nachmittag im Jubiläumsjahr. „Unser Theaterverein ist ein Verein, der übers Jahr keine großen Worte macht und die Theaterspieler auf der Bühne spielen und sprechen lässt“, meinte Wilfried Noll mit Blick auf die ellenlangen und in jedem Jahr auswendig zu lernenden Texte der Spieler. „Diese Leistung, die uns alle immer wieder schöne und unvergessliche Stunden bringt und Lachen in den Vordergrund stellt, spricht für sich und verdient unser aller Anerkennung“.

Kontakt

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Hendrik Balagny
Schulstr. 20
56412 Hübingen

T 06439 901784

 

gemeinde@huebingen.de

www.huebingen.de

 

Sprechstunde des Ortsbürgermeisters

Freitags 1700 - 1800 Uhr

 

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